Postgraduale Fortbildung für approbierte Psychotherapeuten, Psychiater und für PiA nach der Zwischenprüfung sowie Heilpraktiker (jeweils m/w/d) begrenzt auf das Gebiet der Psychotherapie (43 Fortbildungspunkte)
Im Hinblick auf die Erforschung der Tiefendimension der Seele oder des menschlichen Bewusstseins, kann man gegenwärtig drei basale Formate oder Perspektiven ausmachen: als erste die sogenannte psychoanalytisch/psychodynamische Perspektive, eine zweite, humanistisch-existenzielle und als dritte eine transpersonale, häufig auch spirituelle Perspektive genannt.
Das psychodynamische Therapieformat beschäftigt sich primär mit der Überlagerung oder Beeinträchtigung des Erlebens von Erwachsenen durch die Beziehungserfahrungen der frühen Kindheit. Auf gleichzeitig drei Bühnen, der der frühen Kindheit, der Bühne der aktuellen Lebenssituation und der Bühne des therapeutischen Raums, bemühen sich im besten Fall Therapeut und Patient (jeweils m/w/d) gemeinsam um eine Aufdeckung, Bewusstwerdung und ein tiefenhermeneutisches Verstehen der Gemeinsamkeiten, unbewussten Muster und verborgenen Motive, die auf allen drei Ebenen im Spiel sind. Weil sich in dieser Perspektive mitunter platte, kausal-historische Kurzschlüsse einschleichen, hat sich das psychodynamische Format in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts den Vorwurf vonseiten der Humanistischen Psychologie eingehandelt, einem manchmal zu reduktionistischen und deterministischen Blickwinkel anzuhängen.
Die Humanistische Psychologie hat demgegenüber das menschliche Potential zu Kreativität, Freiheit, Verantwortung und Authentizität oder Selbstaktualisierung betont und damit sechzig Jahre nach Entstehung der Psychoanalyse eine zweite Blütezeit der Psychotherapie initiiert. Sie hat die therapeutischen Prozesse bereichert, indem sie sich am vitalen Erleben von Menschen orientierte, und hat den Körper und damit die Emotionen und Gefühle und deren Bedeutung für das Erleben des Selbst und der Welt in den therapeutischen Raum zurückgeholt.
Gegenüber der psychodynamischen Betonung einer gefestigten Selbstidentität hat sie die Prozesshaftigkeit und vor allem die Offenheit des menschlichen Selbst hervorgehoben. Sie hat auch den therapeutischen Dialog aus seiner Vergangenheitsorientiertheit gelöst und in Gegenwärtigkeit und Gewahrsein gegründet. Inhaltlich bewegen sich vor allem die Existenziellen Strömungen der Humanistischen Psychologie innerhalb eines geistigen Horizonts, in dem angesichts unverständlicher Symptome, Sorgen und Leid nicht nach einem persistierenden, kindlichen Erleben gefragt wird, sondern auf welche ultimativen existenziellen Belange und Herausforderungen die Eigentümlichkeiten menschlichen Leids und Sorge verweisen. Zu diesen sogenannten ultimativen Belangen gehört der Tod und die Vergänglichkeit, die Freiheit, die Liebe und die Frage der Zugehörigkeit; die Sinnhaftigkeit der Existenz und die Frage, wer wir jenseits unserer Überzeugungen, Identifikation und sozialen Rollen eigentlich sind. Man kann von hier aus ermessen, dass es sich um einen ungleich weiteren Horizont handelt.
Zu den ultimativen Belangen gehört auch die Frage, ob es eine geistige Realität gibt, die das Selbst und das Personale überschreitet. Sie fällt in ein Territorium, das in vormoderner Sprache als Metaphysik oder Spiritualität bezeichnet wurde und seit den Arbeiten von Abraham Maslow und anderen auch als Transpersonale Psychologie beschrieben wird. Diese Perspektive auf das Bewusstsein zeichnet sich vor allem in ihren nicht-theistischen Versionen auch dadurch aus, dass sie zwar diskursiv erörtert werden können, als Erfahrung aber weder über Sprache noch über das Denken zugänglich sind. Der Workshop wird also auch eine systematische Erforschung der Bedeutung und der Essentials meditativer Erfahrung beinhalten.
Weitere Informationen:
*43 Fortbildungspunkte sind von der PTK Bayern bewilligt.
Gustav Marlock
Dipl.-Päd., Psychologischer Psychotherapeut und Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut mit Ausbildungen in Körperpsychotherapie, Gestalt- und Psychodynamischer Psychotherapie. Er leitet die deutsche Ausbildung in Unitiver Körperpsychotherapie und ist Dozent und Supervisor für tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. Zahlreiche Veröffentlichungen zur körperpsychotherapeutischen und tiefenpsychologischen Geschichte, Metatheorie und Methodik; Co-editor des Handbuchs der Körperpsychotherapie.